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meine mittelgrosse gallery weekend reportage

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langsam werden mir meine gallery weekend berichte peinlich. die zeitungen sind voll mit endlosen must-see-listen, immer geheimere geheimtipps und immer grössere weltstars, interviews mit stargaleristen, die von heissen koks-nächten in limousinen mit den reichsten sammlern der welt berichten, und ich fahr zur potsdamer strasse, trink 1 glas sauren wein und bin vor 22 uhr wieder zuhause.

superstars hab ich im gedränge übersehen. die läden waren so voll wie die ringbahn nach feierabend, wobei der vorteil der ringbahn darin besteht dass man in ihr keine kunst kucken muss.
vor einigen offenen galerietüren blieb ich stehen und beschloss, auf die nächste bahn zu warten ging einfach weiter.

los gings wie letztes jahr bei michael janssen. dort fange ich immer an, zum einen weils der erste betretbare laden auf der potse ist und zum anderen weil janssen nett ist und künstler mag. er ist kölner und so gastfreundlich wie man es von kölnern erwartet. für hamburgerinnen, die es aus der heimat gewohnt sind, dass galeristen am vernissagenabend 1 flasche billigen rotwein entkorken, den sie dann für VIPs im büro verwahren, grund genug hinzugehen.

ausserdem hat janssen offenbar eine vorliebe für ausnahmekünstler. anders als bei cfa, die 45 künstler im programm haben wovon sage-und-schreibe 5 weiblich sind, schafft es janssens quote immerhin auf ein drittel.
und statt wie viele kollegen auf U-20 zu setzen vertritt er den 1927 geborenen römer gianfranco baruchello, die 1941 geborene lynda benglis und die sagenhafte britin rose wylie – jahrgang 1934:

freitag eröffnete er mit der ’41 geborenen belgierin lili dujourie, der wikipedia sogar einen feministischen hintergrund zuschreibt.

ich geh jedenfalls fest davon aus dass ich ab 2050 auch nochmal bei janssen ausstell und so drömelte ich dort ne geschlagene stunde rum, gewissermassen ein drittel meines gesamten galleryweekends um dann aber umso zügier durchzustarten: blain southern schaffte ich in unter 5 minuten, figge von rosen und guido baudach auch. obwohl die meisten orte nur wenige schritte voneinander entfernt liegen verbrachte ich tatsächlich die meiste zeit damit, auf den strassen herumzuirren und zu versuchen den galerienplan zu kapieren.

was mich bei diesen rundgängen übrigens immer wieder leicht verstört sind die schrottgalerien. also die in die keiner geht. es trifft mich jedesmal ins herz wenn ich an diesen leeren läden vorbei komme, wo ein einsamer galerist und vielleicht der künstler im schaufenster stehen und wortlos auf die strasse blicken während draussen die massen entlang pilgern ohne sie auch nur eines blickes zu würdigen.
ich frage mich immer, woran es liegt, dass niemand dort reingeht. schliesslich gibt es durchaus schrottgalerien, die besucher haben und schrott hängt ja überall.
an der kunst kann es jedenfalls nicht liegen.

später fand ich mich in einer galerie wieder mit namen tanya leighton wo ich folgendes vorfand: ein am boden liegendes rot lackiertes objekt aus einem recycelten stuhl, sofas mit verspiegelten seiten sowie zwei wandreliefs aus ebenfalls spiegeln. offenbar hammer arbeiten, die bude war knüppelvoll. ich versuchte mich extra langsam zu bewegen aber brauchte trotzdem nur 2 minuten. um noch etwas zeit zu schinden sammelte ich ein paar der ausliegenden zettel ein und entdeckte im programm der galerie bruce mclean.

ich weiss nicht ob man mclean kennen muss, ich hab mir den namen gemerkt weil ich mit ihm in den 90gern mal verabredet war. er hatte damals am londoner slade collage ne professur und ich wollte mich bewerben. ging also hin und zeigte ihm meine bilder. das waren im grossen und ganzen hauptsächlich pornos sowie eine ungewöhnlich blutige geburtszene. was mclean dazu meinte erinnere ich nicht mehr, nur dass ich zu meiner grossen verwunderung abgelehnt wurde.

bei sommer & kohl gefiel es mir anschliessend ganz gut. beinah tachistische fleckenmalerei in skandinavisch anmutenden erdtönen vom skandinavier andreas eriksson. definitiv was für übers skandinavische designersofa. ich schaffte allerdings nichtmal 5 bilder da trat ich zurück und fand alles gleich. vom winzformat fürs kleine, naja kleinere budget bis hin zum kompletten wandabdecker: alles gleich. ohne drüber nachzudenken fiel mir bettwäsche ein und der begriff „ware“, aber ich befürchte, dass es um sowas überhaupt nicht ging.

die letzte galerie die ich mir vorgenommen hatte befand sich in der bülowstrasse 90. als ich dort gegen 9 endlich aufschlug wollte ich mich gerade die treppe hochschleppen, da entdeckte ich etwas im erdgeschoss: das freie museum mit einer ausstellung („emotional tracking“) von 13 bildhauerei-studenten der hochschule weissensee.
und die retteten mir buchstäblich den abend. hier gabs endlich was zu kucken. ein paar atemberaubende sachen waren dazwischen in sehr markanten labyrinthartigen räumen (wie ich hörte, eine wohnung der ehemaligen muehl kommune). und für eine, die sich gerade noch vom kulturschock des blain southernschen parkplatzes erholte, ein wohltuend entspanntes publikum.

deswegen hier nochmal als ausgehtipp: fahren sie unbedingt in die bülowstrasse 90 und schauen sie sich „emotional tracking“ an! die ausstellung geht noch bis zum 11.5.
meine lieblingsarbeiten sind die keramiken von nora arrieta und die taschentuchspender von amelie kemmerzehl.

amelie kemmerzehl bei "emotional tracking", berlin 2014

nora arrieta bei "emotional tracking", berlin 2014

tl’dr: studenten sind einfach die besseren künstler


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